Solent

England

Ein neues Segelabenteuer hat seinen Anfang genommen. Ziel Ende April ist der Solent, eine Meerenge zwischen der Südküste Englands und der Isle of Wight. Beschrieben wird der Solent als eines der besten Segelreviere Englands.
Wind, Strömung, Tidenhub und unzählige natürliche Hindernisse machen das Segeln herausfordernd und ein richtiges Abenteuer. Gebucht habe ich den Skippertörn bei joy-sailing.ch. Gleich haben wir uns unter Anleitung von Yvonne an diesem Workshop-Nachmittag in das volle Programm eingearbeitet: Stromatlas, Stromdreieck, Tidenberechnung, Kursumwandlung …
So, weiter geht’s mit Üben!

Sonntag, 28. April 2019 – Hamble Point Marina

Über London Heathrow und einem Transfer mit Klein-Bus erreichen wir Hamble Point Marina.

Nach einer Stärkung begeben wir uns zur Hanse 458 mit Namen Andiamo. Nach einer ersten Inspektion bunkern wir Lebensmittel, Seesack und weiteres Material.

Heute gibt es noch nichts vorzubereiten. Das sollte sich aber schon am nächsten Tag ändern.

Montag, 29. April 2019 – Hamble Point Marina – Cowes

Heute steht Manövrieren auf dem Programm. Der River Hamble ist der Tide unterworfen und das nicht zu knapp. So tuckern wir unter Motor den Fluss gegen den Strom hinauf. Tellerwende nach links und rechts helfen, die Hanse und die Strömung kennenzulernen.

Der Track zeigt, wie beharrlich wir geübt und angelegt haben ?

Doch es war noch nicht aller Tage Abend. Nach dem Lunch haben wir die Nachtansteuerung von Cowes vorbereitet. „Wegweiser“ sind die verschiedenen beleuchteten Seezeichen und Leuchtfeuer. Bestimmt wird jeweils der Kurs und die Distanz zum Seezeichen sowie das Leuchtschema. Alles wird genaustens protokolliert, damit dem Steuermann oder der Steuerfrau früh genug erklärt werden kann, auf welches Ziel hingesteuert werden soll. Denn in der Nacht ist nicht immer ganz eindeutig, welches Licht nun das Richtige ist. Die Chargen sind verteilt – Steuermann, Navigator mit Ansteuerungsliste, eine Person Kompasspeilung, eine Person Ausguck und das wachsame Auge von Yvonne.

Nach  gut drei Stunden kommen wir in Cowes an und wir sind sehr stolz, dass wir nirgends aufgelaufen sind und auch die Untiefe um die Bramble Bank sicher umfahren haben.

Dienstag, 30. April 2019 – Cowes – Newton River – Lymington

Neugierig strecke ich den Kopf aus der Kabine, denn wir sind spät in der Nacht in Cowes angekommen. Mir zeigt sich ein majestätisches Harbor Master House mit allem drum und dran. Bereits gestern haben wir die Tagesplanung für heute gemacht. Nach einem reichhaltigen Frühstück legen wir in Richtung Beaulieu River ab.

Vorbei an Werften, Bojenfeld und diversen Seezeichen setzen wir vor dem Breakwater bei der Z-Trinity House Buoy die Segel. Mit guten 2 bis 3 Beaufort nehmen wir zunächst Fahrt Richtung Beaulieu River auf. Jetzt sehen wir unsere Kursberechnung in echt. Doch unser erstes Ziel heute ist der Newton River. Nebst den diversen gelben Regatta Buoys halten wir Kurs auf den Westquadrant. Von dort aus sehen wir bereits einen besonderen „Turm“. Diesen visieren wir an und steuern so, dass die runde Scheibe im Y erscheint. So befinden wir uns auf dem Transit in die Mündung des Newton River.

Bei Ebbe zirkeln wir am Fish House Point vorbei, den Blick auf das Einzelgefahr gerichtet. Denn das kleine Inselchen dahinter zeigt die Tücke der Einfahrt – kleine Sandbänke, die je nach Tide (nicht) sichtbar sind. An der Boje angelegt geniessen wir unseren Lunch und die reiche Vogelwelt des Netwon Harbour Nature Reserve.

Nach unserer Lunchpause fahren wir wieder dem Transit entlang. Da es nicht sehr viel Wind hat, bleiben wir unter Motor. Die Boje 2H-„H“ ist uns ein anschauliches Lehrstück. Wir fahren daran vorbei und entscheiden etwas später, die Segel doch noch zu setzen, da mehr Wind aufkommt. Gesagt, getan kreuzen wir Richtung Lymington auf. Nach einiger Zeit scheint es, dass wir einfach nicht von der Boje 2H-„H“ wegkommen. Und tatsächlich, die Strömung ist stärker als der Wind, so dass wir kaum Höhe gewinnen! Schliesslich streichen wir die Segel und fahren in den Hafen von Lymington ein.

Mittwoch, 1. Mai 2019 – Lymington – Studland Bay – Poole

Heute erwartet uns wieder ein zweigeteiltes Programm. Am Morgen laufen wir Richtung «The Needles» mit Ziel Studland Bay aus. In der Studland Bay werden wir vor Anker gehen und unseren Nachtschlag nach Poole vorbereiten.
Zuerst gilt es jedoch sich an der Fähre vorbeizuschlängeln und im Dschungel von Seezeichen den Transit und die Ausfahrt zu finden. Dabei begegnen wir auch eine sehr speziellen Seezeichen – Jack in the Basket!

Die Parade der Seezeichen hört nicht auf, denn vor, in und nach der Landenge zwischen Fort Albert und Hurst Castle haben wir es mit starker Strömung und Untiefen zu tun. Das Seezeichen «1M-Warden» ist nicht nur mit grünem Blitzfeuer ausgerüstet, sondern auch mit einer Glocke als Nebelsignal. Ganz schön gruselig dieses Geläute inmitten des Needle-Channels.

Doch nicht nur die Untiefen stellen eine Gefahr dar. Zuerst verstehen wir gar nicht, weshalb Yvonne so aus dem Häuschen gerät. Das ist doch gar nicht ihre Art. Doch schnell ist der Bösewicht identifiziert – Lobster Trap. Der Lobster Trap ist mit einer langen Leine an der improvisierten Boje befestigt. Wir haben diesen zu spät gesehen und sind darüber gefahren. Dieser kann sich sowohl am Kiel als auch in der Schiffsschraube verheddern. Angespannt schauen wir rund ums Schiff – HOORAY, there it is, no danger for us!

Jetzt können wir uns auf die Naturschönheit der «Needles» konzentrieren.

Nachdem wir durch den Needles Channel – vorbei an den nicht ungefährlichen «Shingles» – aufgekreuzt sind, nähern wir uns in einem langen Schlag dem ersten Tagesziel: Studland Bay und Old Harry Rocks. Vor Anker planen wir unseren zweiten Nachtschlag nach Pool Harbor, wo uns ein wahrer Stangen- und Lichtersalat – ganz zu schweigen von den Untiefen – erwartet.

Nach bewährtem Muster organisieren wir uns wieder. Dem Boat Channel entlang zielen wir die Stationen der Chain Ferry an, um dann direkt auf Harry’s Point zuzufahren. Vor Number 14 wechseln wir die Richtung auf den Südquadrant Bell Buoy, bei Jack Jones Nc1 fahren wir in den North Channel ein, um bald darauf den Westquadrant zu queren und in die offiziellen Boat Channel einzubiegen. So, jetzt noch um den Südquadrant und wir erreichen kurz darauf Poole Quay Boat H(e)aven. Yes, we did it once more!

Donnerstag, 2. Mai 2019 – Poole – Newton River

Heute ist MEIN Tag, will heissen, ich bin für die Törnplanung zuständig. Kostete mich bereits am Vorabend etliche Zeit, denn wir wollen bei Hochwasser von Poole wegsegeln und dann mit der Strömung den Needle Channel durchqueren. Nun immerhin alles bei Tageslicht ? Für den ganzen Tag habe ich mir einen Notizzettel gemacht, damit ich die Anhaltspunkte schnell zur Hand habe. Wir verlassen Poole um 11 Uhr und halten uns an die Fahrrinne und die verschiedenen Tonnen und Quadranten. Nicht nur Untiefen sind zu beachten, sondern auch der Verkehr. Vorsicht ist ebenfalls bei der Chain Ferry geboten. Sie durchquert die Enge zwischen Sandbanks und Shell Bay entlang zweier Ketten. Es ist also nicht ratsam zu früh loszufahren …

Doch danach können wir Segel setzen und Richtung Studland Bay segeln.


In der Poole Bay übten wir verschiedene POB – Person over Board – Manöver. Schon immer wieder eindrücklich, wie das bei Wellen aussieht und sich dann vorzustellen, dass nun tatsächlich eine Person geborgen werden muss. Nach dieser Übung zielen wir «1K North Head» und segeln dann ziemlich nahe ans Ufer, um in die Fahrrinne nördlich der Shingles zu kommen. Auf der Strecke kann Marc seine 1000. Seemeile feieren – congratulations mate! Schon bald begrüssen uns Hurst Castle and Lighthouse. Auch dieses Mal kommen wir safe and sound durch den Needles Channel und segeln nun entspannt Yarmouth entgegen. Da gibt es dann aber einen change of plan. Da wir sehr gut vorwärts gekommen sind, entscheiden wir uns in der Münding des Newton River zu übernachten.

Und so geht MEIN Tag als Navigatorin zu Ende – war eine super Erfahrung und ich habe viel gelernt.

Freitag, 3. Mai 2019 – Newton River – Beaulieu River

Als erstes steuern wir Yarmouth an. Da gilt es unseren Essensvorrat aufzustocken. Gleichzeitig gibt es uns die Möglichkeit im kleinen Hafen ein paar Anlegemanöver zu üben. Danach entscheiden wir uns, nochmals durch den Needles Channel und dann rund um die Needles zu segeln, denn heute herrschen hervorragende Windverhältnisse, was wir unbedingt ausnutzen wollen. So begegnen wir den bereits bekannten Tonnen, Gefahrenzeichen, Westquadranten und erhalten einen nochmals anderen Blick auf die Needles. In eindrücklicher Kulisse segeln wir dann der Mündung des Beaulieu Rivers entgegen.

Die Einfahrt in den Beaulieu River ist tricky, weil die Fahrrinne mit genügender Tiefe sehr eng ist. Es ist ratsam den red transit beacon genau zu folgen. Einmal im Beaulieu River drin können wir die Fahrt flussaufwärts geniessen.

Ein weiterer eindrücklicher Tag neigt sich seinem Ende zu.

Samstag, 4. Mai 2019 – Beaulieu River – Portsmouth – Hamble Point Marina

Ablegen – anlegen – tanken und los geht’s an unserem letzten Tag. Unter Motor fahren wir zur Mündung des Beaulieu Rivers zurück.

Wir setzen Segel und machen uns Richtung Portsmouth auf. Heute herrscht echt viel Verkehr sowohl in als auch neben den Schiffahrtswegen.

Schon bald begrüsst uns der Spinnaker Tower, das Wahrzeichen von Portsmouth. Wir stillen unsere Neugier und segeln zu einem der Solent Forts. Diese wurden im 19. Jahrhundert zur Verteidigung der Hafeneinfahrt von Portsmouth erbaut.

Wie die Oberfläche des Meers zeigt, hat es Wind, sehr viel Wind. Bei 6 Beaufort rasuchen wir dem Hamble River entgegen.

 

Und so geht unser Segeltörn zu Ende. In einem herausfordernden Segelrevier konnte ich wiederum sehr viel lernen und Erfahrungen sammeln. Yvonne, vielen Dank für die vielfältigen Aufgaben, Hinweise, Erläuterungen und den Spielraum zum selber Ausprobieren!