Adria Cup Murter 2021

Kroatien

Als ein ganz anderes Segelabenteuer sollte sich der Adria Cup in Murter, Kroatien entpuppen. Die Regatta wird vom Segel- und Yachtclub Steiermark (SYCS) seit vielen Jahren organisiert. Auf Anfrage von Yvonne Wernli – Joy-Sailing – wurde ihr ein Startplatz für eine Schweizer Crew zugesichert. Bei der Ausgabe 2021 durfte auch ich als Regatta-Greenhorn dabei sein. Unsere Crew umfasste 6 Personen. Und das waren beileibe nicht zuviele. Am Samstag übernahmen Yvonne, Markus und Robert die Yacht – eine First 35 – in der Marina Jezera und segelten zur Marina Betina, dem Ausgangsort der Regatta.

Sonntag, 17.10.2021
Vorbereitung
Für die Regatta 2021 sind neun Boote eingeschrieben. Damit alles fair zu und her geht, werden die Segelyachten jeweils per Los zugeteilt. Es handelt sich bei allen Yachten um First 35 mit gleichem Baujahr und gleicher Ausrüstung. Jede Crew kann Optimierungen wie z.B. eine gut zu bedienende Grossschot, abkleben von Schäkeln und dergleichen mehr, vornehmen. Dazu gehört ebenfalls das Anschreiben der Klemmen, denn die Takelage ist doch etwas herausfordernder als bei den üblichen Segelyachten für Ferientörns.

Aber nicht nur das, auch das Regatta-ABC will gelernt sein.

Training
Nach unseren Vorbereitungen legen wir ab und fahren unter Motor aus der Marina in die davorliegende Bucht zum Segelsetzen.


Unsere Crew segelt heute das erste Mal in dieser Zusammensetzung. Die Rollen für die einzelnen Personen sind verteilt und so kann das Training losgehen. Der SYCS engagiert immer einen Coach, der mit dem Schlauchboot von Boot zu Boot fährt und seine Unterstützung anbietet, sei es zum Trimm, zu Manövern oder zur Materialoptimierung. Die Wenden und Halsen sind für unsere Crew kein Problem. Die grösste Herausforderung ist das Setzen des Spinnakers, weil dieser eine doppelte Spischotenbedienung verlangt. Der Coach gibt uns wichtige Tipps, so dass wir am Ende des Trainingsnachmittags auch diese Herausforderung gemeistert haben. Wir werden sehen, wie es uns morgen unter Wettkampfbedingungen gelingt.

Trainings-Track

Montag, 18.10.2021
Die Spannung steigt, und das noch zusätzlich, weil wir warten müssen, da am Morgen Flaute herrscht. Dann, um 11 Uhr ertönt das Horn – bedeutet – die Regatte beginnt. Sofort verlassen alle Wettkampfyachten die Marina unter Motor und folgen dem Start-Katamaran. Sobald der Startpunkt erreicht ist, hängt der Wettkampf-Chef eine Tafel aus, auf der ersichtlich ist, welche Art des Laufes gesegelt wird.
Wir beginnen mit einer Navigationswettfahrt. Dazu haben wir das Regatta-Handbuch erhalten, das alle relevanten Informationen enthält. Jetzt heisst es, sofort Köpfe zusammenstecken und eine Strategie aushecken, welche Kurse wir segeln wollen unter Berücksichtigung von Gefahrenzonen und Untiefen. Der Start-Katamaran hat das Schlauchboot ausgesendet, um die Startlinie zu markieren. Sobald diese klar ist, fahren wir unter Motor vom Start-Katamaran zur Start-Boje und peilen die Startlinie. So wissen wir beim «Lauern» hinter der Startlinie wie weit wir von dieser entfernt sind und wann wir mit dem Count-Down – sprich dem Segeln hart am Wind beginnen müssen.

Fünf Minuten vor dem Start ertönt das erste Signal. Sämtliche Schiffe bringen sich in Position und fahren hinter der Startlinie hin und her, um sich einen möglichst guten Startplatz zu ergattern. Das ist eine sehr, sehr nervöse Sache und die Schiffe kommen sich zum Teil sehr, sehr nahe.

Noch eine Minute – Schoten dicht – sich nicht abdrängen lassen – und Startschuss! Leider haben wir nicht die günstigste Position und werden etwas abgedrängt. Aber ruhig Blut – es geht erst los! Spi setzen klappt tipp topp und schon bald schliessen wir zu den vorderen Booten auf.
Die ersten vier Boote drängen sich alle um das Inselchen Sustipanac, das es backbord zu umrunden gilt. Plötzlich ein Geschrei – RAUM! RAUM! RAUM! – in der Hitze des Wettkampfs waren sowohl das vor uns liegende Schiff als auch wir vor allem mit dem Bergen des Spinnakers beschäftigt, so dass sich die Schiffe gefährlich nahe kamen. Nach der Umrundung sehen wir, dass das andere Schiff die rote Protestflagge gehisst hat. Wir wissen zwar nicht genau weshalb, entscheiden jedoch, dass wir zur Strafe einen Kringel – d.h. eine 360° Drehung – fahren, um nicht von dieser Wettfahrt disqualifiziert zu werden. Wir beenden die erste Navigationswettfahrt auf dem fünften Platz, was angesichts des Starts und des Kringels gar nicht so schlecht ist.
Nach dem Zieleinlauf haben wir kaum Zeit für eine Pause, denn bereits ist die zweite Navigationswettfahrt angekündigt. Das heisst aufräumen, alles für einen neuen Start bereit machen, Startlinie peilen, Timer für Start einstellen und schon ertönt das 5 Minuten-Zeichen für den nächsten Start. Dieses Mal gelingt uns der Start viel besser und wir können unsere Position bis ins Ziel halten. Es resultiert ein vierter Platz!

Kurse 13 und 14

Dienstag, 19.10.2021
Auch heute herrscht zunächst Flaute, so dass wir erst um 11.30 Uhr auslaufen. Als erstes steht eine Up-and-Down-Bahn an. Das geht so vor sich: Nach dem Start wird zur gegen den Wind liegenden Luvboje gesegelt. Von dort wird die sogenannte Ablaufboje halbwind angesegelt und umrundet, dann geht es vor dem Wind zurück zur Leeboje. Die Wettkampfleitung gibt gleichzeitig an, wie oft diese Bahn gesegelt werden muss. Wir absolvieren das Staberl – wie es die Kolleg:innen des SYCS nennen – drei Mal und belegen am Schluss den vierten Rang.

Kaum haben wir uns vom Staberl erholt, wird bereits als zweiter Lauf eine Navigationswettfahrt angezeigt. Sie führt uns heute durch eine Meerenge zu den Inselchen Mala Artica und Vela Artica. Auf Hart-am-Wind-Kurs wird gar nichts geschenkt und jeder letzte Meter ausgenutzt, um möglichst Höhe zu halten und nicht überholt zu werden. So geht es knäppstens am Süd-Kardinal-Zeichen vorbei.
Nach der Umrundung der beiden Inselchen wird die Insel Visovac angepeilt. Nun  geht es darum, unsere Gegner:innen in Schach zu halten. Das gelingt uns, aber die letzten Meter sind nervenaufreibend, weil ein Boot knapp daran ist, uns zu überholen und wir auch noch die Ziellinie sichten müssen. Wir werden nicht überholt und es resultiert ein vierter Platz. Wir freuen uns bereits auf das Ankerbier als die Wettkampfleitung nochmals ein Staberl ansetzt. Drei solche Läufe an einem Tag sind viel. Das kommt nicht zuletzt darin zum Ausdruck, dass beim zweiten Staberl zwei Fehlstarts zu verzeichnen sind. Wir verpatzen das zweite Staberl und es wird wohl unser Steichresultat sein. Das war ein sehr segel-intensiver Tag, der mir nicht viel Zeit zum Fotografieren liess.

Zwei Up-and-Down-Bahnen und eine Navigationswettfahrt

Mittwoch, 20.10.2021
Wir sind gespannt, was uns heute bevorsteht, nachdem wir gestern drei Läufe hatten. Um 10.30 Uhr laufen wir aus und fahren zum Start vor der Insel Radelj. Leider bricht in dieser Zeit der Wind ein, so dass Zeit für ein Bad im Meer ist. Gegen Mittag kommt dann doch etwas Wind auf und die Wettkampfleitung setzt die Startlinie für die Navigationswettfahrt 12, die 22 Seemeilen lang ist. Das Horn ertönt, noch fünf Minuten zum Start. Der Count-Down läuft, indem jeweils nach einer Minute das Horn ertönt und die entsprechende Flagge gehisst wird. In dieser Zeit wird wieder um eine gute Startposition gerangelt. Wir kommen gut weg und segeln hart am Wind durch den Vrgadski-Kanal, den wir bereits von anderen Wettläufen kennen. Auf jeder Kreuz wird möglichst viel Höhe gemacht, so dass wir Wenden «sparen» können.
Nach der Enge zwischen den Inseln Zizanj und Gangaro halten wir immer noch Rang 4. Wir beobachten die anderen Segelyachten und sehen, dass eine vor uns den Spinnaker setzt. Spinnaker setzen bei querab-Kurs? Wow, das ist eine echte Herausforderung und braucht viel Fingerspitzengefühl. Also auf zur Tat – Spinnaker setzen – und ab geht die Post. Wir setzen Kurs auf den Leuchtfeuer Galijolica.

Von da geht es auf räumlichem Kurs zur Insel Obun, die steuerbord gerundet werden muss. Danach wird unsere Navigatorin einmal mehr gefordert, denn es kommen ein paar kleine Inseln, die es in sich haben, weil sie langsam auslaufend sind. Konkret bedeutet dies, dass wer zu nahe an diesen segelt, Gefahr läuft, aufzulaufen. Es ist besser, sich auf die Seekarte, denn auf die Ortskenntnis oder das Gefühl zu verlassen.
Da es während der ganzen Fahrt wenig Wind hatte, entscheidet die Wettkampfleitung den Lauf zu kürzen. Neu liegt die Ziellinie beim Leuchtfeuer Hrid Misine. Und es wird nochmals spannend und hektisch. Plötzlich wird klar, dass wir mit unserem Kurs suboptimal zur Startlinie unterwegs sind und gleichzeitig spüren wir unsere Verfolger:innen im Nacken. Kommando bereit zur Halse – unter Spi – bereit – rund achtern, tief einatmen, ausatmen, wir haben den ZWEITEN Platz verteidigt!

Langstrecke

Donnerstag, 21.10.2021
Der Morgen beginnt mit einem ausserordentlichen Naturphänomen. Wir werden Zeug:innen einer Windhose!


Und, es ist ein Hinweis auf die heutigen Windverhältnisse. Hatten wir gestern zwischen 4 und 7 Knoten, sind für heute 13 bis 15 Knoten mit Böenspitzen bis zu 22 Knoten angesagt. Als Greenhorn dachte ich, dass darüber diskutiert wird, zu reffen oder nicht. Aber nichts da, die Segel werden voll gesetzt.
Bereits um 09.40 Uhr laufen wir zu unserer ersten Wettfahrt aus. Angesagt ist die Navigationswettfahrt 7, die uns um das Leuchtfeuer Kukuljar führt. Die Diskussion geht darum, ob wir sozusagen der Küste folgen oder ob wir weiter auf dem offenen Meer segeln sollen. Wir entscheiden uns für den «Küstenkurs» und kreuzen zum Leuchtfeuer auf. Zurück geht es unter Spinnaker – ja Spinnaker – obwohl nach meinem Gefühl der Wind weiter zugenommen hat. Auf alle Fälle ist es ein Ritt auf den Wellen und nichts im Vergleich zu den anderen Wettkampftagen. Wir sind rundum gefordert, schliessen aber meines Erachtens – wenn wir die starke Konkurrenz ansehen – super ab mit Rang 3!


Da wir früh am Ziel eingetroffen sind, reicht es nach dem Aufräumen des Schiffs und der Vorbereitung für die nächste Wettfahrt knapp für ein Sandwich. Gestärkt bereiten wir uns mental auf die letzte Navigationswettfahrt vor. Sie führt uns via die kleinen Inseln Mala Artica und Vela Artica durch den Vrgadski-Kanal retour in Rcihtung Marina Betina. Wir können nochmals unsere Konzentration und unseren Team-Spirit voll ausschöpfen und beenden diesen Lauf auf dem ZWEITEN Rang. Dass wir bei beiden Läufen unter den gegebenen Umständen voll dran waren, zeigt sich daran, dass ich genau eine Foto machen konnte.

Kurse 7 und 14

Nach einem wohlverdientem Apéro und einem weiteren feinen Abendessen folgt die Rangverkündigung. Wir belegen den vierten Rang in der Gesamtwertung. Rundum stolze Crew-Gesichter und eine Urkunde, die unsere Leistung belegt.

Freitag, 22.10.2021
Heute heisst es Abschied nehmen. Unter Motor fahren wir zur Tankstelle, um den Diesel-Tank füllen. Noch einmal zeigt die Crew, was sie drauf hat. Obwohl es stark regnet, beschliessen wir zurück zur Marina Jezera zu segeln. Und natürlich wird der Spinnaker gesetzt!

Beim Abendessen in der Cafe Bar Pirun lassen wir die Eindrücke der Woche nochmals aufleben und Revue passieren. So findet eine tolle Regattawoche ihr Ende. Für den Team- und Wettkampf-Spirit bedanke ich mich herzlich bei der Crew!

Good Luck! Perhaps Next Year?